Abstimmung 28. Februar 2016Lesedauer ca. 5 Minuten

Durchsetzungsinitiative, Ehe und Familie, Gotthard-Tunnel und Nahrungsspekulation: Am 28. Februar 2016 stimmen die Schweizer Bürgerinnen und Bürger über vier nationale Vorlagen ab. Ich empfehle dreimal ein NEIN-Parole und einmal ein JA. Auch bei den vier kantonalen Vorlagen überwiegt das NEIN.

Diesen Februar stimmen wir über wichtige Vorlagen ab. Hier erläutere ich meine Entscheidungen.

Nationale Vorlagen

NEIN zu Volksinitiative vom 5. November 2012 «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» : Mit ihrer Initiative will die CVP die sogenannte «Heiratsstrafe» abschaffen. Ehepaare sollen nicht mehr ihr gemeinsames Einkommen versteuern müssen. Hinter dem verständlichen Anliegen versteckt sich jedoch eine Mogelpackung. Wenn man alle Abgaben und Sozialleistungen ansieht, dann wird klar: es gibt nicht nur die „Heiratsstrafe“ – viele Ehepaare profitieren auch von der heutigen Situation. Entlastet würden vor allem reiche Doppelverdiener ohne Kinder. Zudem stimmen wir bei dieser Vorlage gleichzeitig über eine Ehe-Definition ab, die schlussendlich in der Verfassung verankert wird. Über die Hintertür zementiert die CVP ein traditionelles Familienbild, das den heutigen vielfältigen Formen nicht mehr entspricht. Sie definiert die Ehe wird als Verbindung zwischen Mann und Frau. Eine solch explizite Definition bedeutet ein dauerhaftes Eheverbot für für alle homo- und bisexuellen Menschen sowie Transmenschen. Die Steuerbegünstigung würde nur rund 80‘000 Paare betreffen – und dazu nicht die Bedürftigsten. Dafür würden mit der Annahme der Initiative unter dem Stichwort «Heiratsstrafe abschaffen» neue Diskriminierungen entstehen.

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NEIN zu Volksinitiative vom 28. Dezember 2012 «Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer (Durchsetzungsinitiative)» : Die Durchsetzungsinitiative der SVP ist unverhältnismässig, unmenschlich und untergräbt unseren Rechtsstaat, wie ich bereits in einem separaten Blogbeitrag ausgeführt habe. Das Parlament hat für die Ausschaffungsinitiative bereits ein sehr hartes Umsetzungsgesetz erarbeitet, welches zu mehr als doppelt so vielen Ausschaffungen führen würde als die SVP das mit ihrer Initiative 2010 versprach. Es darf nicht sein, dass die SVP eine neue Gesetzesvorlage via Verfassung durchtrotzt. Das widerspricht dem Prinzip der Gewaltentrennung. Die Durchsetzungsinitiative ist unverhältnismässig, werden doch Personen ohne Schweizer Pass bereits bei kleinen Delikten automatisch ausgeschafft: Diese Praxis kann auch Secondos und Secondas oder Ausländer der dritten und vierten Generation treffen. Sie würden in ein Land ausgeschafft, das sie kaum oder gar nicht kennenkennen. Mensch und Mensch – auch wenn sie gleich lange in der Schweiz leben – würden ungleich behandelt.

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JA zu Volksinitiative vom 24. März 2014 «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!» : Es darf nicht sein, dass auch heute noch jeder neunte Mensch auf unserem Planeten an Hunger leidet. Dazu trägt – neben Armut, ungerechter Landverteilung und Klimawandel – auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln bei. Grosskonzerne erwirtschaften hohe Gewinne an Börsen ohne sich um die Konsequenzen zu kümmern. Nahrungsmittel werden zurückgehalten, um die Preise zu steigern. Mit den Preisexplosionen kämpfen schlussendlich die Menschen in Ländern des Südens. So tragen wir mit einem JA zum Kampf gegen den weltweiten Hunger bei.

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NEIN zu Änderung vom 26. September 2014 des Bundesgesetzes über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet (STVG) (Zweiter Gotthard-Strassentunnel) : Der Gotthard-Strassentunnel muss saniert werden. Eine zweite Röhre für diese Sanierung zu bauen ist jedoch teuer und unnötig. Während dieser Zeit könnten die Autos und LKWs verladen werden. Immerhin haben wir bereits Milliarden ausgegeben für die NEAT – der Eisenbahn-Basistunnels wird in diesem Juni eröffnet. Die Verladeanlagen für EU-Brummis an der Landesgrenze könnten auch nach der Renovation des Strassentunnels weiter betrieben werden. Damit würde auch das Mittelland vom Transitverkehr entlastet. Mit der Annahme der Vorlage würden wir dagegen die Güterverlagerungspolitik auf die Bahn torpedieren. Zudem ist absehbar, dass der zweite Gotthard-Strassentunnel nach der Sanierung bald vier- statt zweispurig genutzt würde. So wird der Alpenschutz-Artikel in der Verfassung umgangen. Stimmen wir also NEIN, zum Schutz von Natur und Mensch im Alpenraum – für eine Verlagerung der EU Brummis auf die Bahn.

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Kantonale Vorlagen Zürich

JA zur Lohndumping-Initiative : Mit dieser Initiative kann rasch und wirksam Lohndumping ein Riegel geschoben werden. Bei Annahme könnte das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) bei betroffenen Unternehmen einen Arbeitsunterbruch oder eine Betriebseinstellung verordnen. Dies ist dringend nötig, da die aktuellen Massnahmen und Sanktionen (Bussen, Dienstleistungsverbote oder Konventionalstrafen) kaum Wirkung zeigen. Die Bussen sind zu tief, die Überprüfungen dauern zu lange. Gegen Konkurrenz, welche die Löhne dumpt, haben Unternehmen, die ihren Angestellten faire Anstellungsbedingungen bieten und anständige Löhne zahlen, auf dem Markt keine Chance. Mit der Lohndumping-Initiative werden ehrliche Unternehmen geschütz. Sie  stärkt so die Wirtschaft, das Gewerbe und den Standort Zürich und schützt die Arbeitnehmenden.

NEIN zum Notariatsgesetz (Reduktion der Grundbuchgebühren) : Mit dem neuen Gesetz sollen Grundbuchgebühren bei Eigentumsänderungen sowie bei der Errichtung oder Erhöhung von Grundpfandrechten von 1.5 Promille auf 1 Promille gesenkt werden. Von der Senkung würden fast nur grosse Immobilienfirmen profitieren, denn auf dem Land fallen selten grosse Gewinne an. Und kleine Notariate in ländlichen Gebieten sind oft schon defizitär, sie können andere Kosten nicht mehr mit den Grundbuchgebühren decken. Dies wäre jedoch umso wichtiger, damit beispielsweise die fachliche Beratung von Leuten mit begrenzten finanziellen Mitteln gewährleistet ist.

NEIN zum Verwaltungsrechtspflegegesetz (Straffung von Rekurs- und Beschwerdeverfahren) : Die Revision sieht vor, eine feste 30-tägige Frist einzuführen, um zu einem Rekurs oder einer Beschwerde Stellung zu nehmen. Sie zielt damit auf mehr Effizienz ab, bewirkt in vielen Fällen jedoch das Gegenteil. Je nach Rechtsgebiet beträgt die heutige Frist 10 bis 30 Tage. Die Flexibilität beizubehalten ist wünschenswert. Auch weil nach heutigem Recht die Rekurs- bzw. Beschwerdeinstanzen die Möglichkeit haben, die Frist zur Stellungnahme je nach Umfang zu erstrecken. Faire Verfahren könnten so nicht gewährleistet werden, was der Verfassung widerspricht.

JEIN zur Bildungsinititative : Für und gegen die Bildungsinitiative sprechen verschiedene Argumente. Ich habe mich für ein NEIN entschieden, da die Initiative mehr als 100 Millionen im Jahr kostet und nach dem Giesskannenprinzip funktioniert. Sie würde bzgl. der dringend nötigen Chancengerechtigkeit nicht viel bewirken. Das vorgesehene Geld könnte besser eingesetzt werden.
Ein JA kann ich jedoch gleichermassen verstehen. Wer JA stimmt, setzt zumindest ein Zeichen gegen den fortschreitenden Bildungsabbau und die Erhöhung der verschiedenen Schul- und Studiengebühren. Angesichts der aktuellen Sparpläne durchaus etwas Wichtiges.