Die GRÜNEN: die BGB von morgen?Lesedauer ca. 2 Minuten

„Die Entwicklung läuft an uns vorbei. Es ist nicht mehr unsere Zeit…“ So klagen viele Grüne. Und die Hoffnungsvolleren fügen an: „…noch nicht wieder“.
Verdrängt wird, dass unsere Politik schon seit langem Wege zeigt, wie der Brückenschlag zu schaffen ist zwischen Ökologie, Sozialem und der wirklichen Wirtschaft.

Grüne Wirtschaftspolitik – seit Jahren treten wir ein für die Ökologische Steuerreform. Und ziehen meines Erachtens nun allzuschnell nickend den Schwanz ein, wenn unsere Konzepte – „Energie statt Arbeit besteuern“ – von anderen bis hin zu Bundesrat Villiger übernommen werden: Um abgewandelt bis zur Unkenntlichkeit nun Löcher der Bundeskassen zu stopfen und ein paar Solarzellen zu finanzieren.
Grüne Sozialpolitik – seit Jahren schlummert die Forderung nach einem garantierten Existenzminimum in unseren Programmen. Und es fehlt uns doch der Mut, die Frage nach der Entkoppelung von Einkommen und Erwerbsarbeit, nach der Umverteilung der Arbeit zwischen Frauen und Männern so ernsthaft zu stellen, dass wir nur schon die internen Diskussionen darüber wieder aufgreifen würden.
Und neben all unseren berechtigten Programmzielen gilt es eins nicht zu vergessen: das andere Wirtschaften existiert. Klammheimlich hat es sich zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor gemausert. Die Alternative Bank ABS hat mit einer Regionalbank gleichgezogen und wächst sanft in die Zukunft; ist auch bereits gross genug, dass es für ein paar Skandälchen reicht. Der Bio-Food ist der Hebel von Coop, um die Migros ökologisch zu überholen. Und wie viele Kleine und Mittlere Unternehmen werden von Grünen oder Grünen SympathisantInnen geführt? Ihre Zahl wächst täglich. Darum ist der verbreitete linke Reflex gegen „die Wirtschaft“ zu differenzieren. Er zielt auf das internationale Grosskapital. Unsere reale Wirtschaft aber wird von den KMUs belebt. Sie schaffen neue Arbeitsplätze. Sie können zeigen, was nachhaltiges Wirtschaften heisst.
Die Grünen: eine andere, eine liberale, eine progressive Bauern-, Gewerbe- und BürgerInnen-Partei – warum denn nicht?

Balthasar Glättli, Fraktionspräsident GR GRÜNE/AL/FraP!

Erschienen als Kommentar im Greenfo (Mitgliederzeitschrift der Grünen) vom 10.8.1998

Quelle Plakat: Swisspostermuseum