Schon wieder ein Skandal in der kantonalzürcher Verwaltung. Nach dem Migrationsamt ist nun die Kantonale Pensionskasse BVK betroffen. Und die Reaktion von Regierungsrätin Ursula Gut am Montag, eine fristlose Entlassung, legt trotz weiterhin geltender Unschuldsvermutung nahe, dass der BVK-Anlagechef offenbar selber die happigen Vorwürfe der Korruption nicht gänzlich bestreitet.
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Statt nur über die moralischen Mängel der Menschen, übers Geld, das gierig macht, über das offenbar längere Versagen von Kontrollmechanismen zu debattieren, müsste nun ein anderes Thema wieder mächtig auf den Tisch gebracht werden. Die Fehlkonstruktion nämlich, mit der wir Arbeitnehmenden zu Grosskapitalisten werden, ohne echtes Mitspracherecht – und ohne eine Möglichkeit, unser Geld auch dort arbeiten zu lassen, wo wir es arbeiten lassen wollen, und ihm gewisse Drecksarbeit auch zu verbieten. Dass es hier nicht ein paar belanglose Batzen geht zeigen eben gerade die Ereignisse um die BVK. Denn Bestechung im grossen Stil lohnt sich ja erst dort wirklich, wo umgekehrt auch fette Gewinne möglich sind.
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Natürlich muss eine Pensionskasse die nötige Rendite erwirtschaften, um den Versicherten eine gute Rente zu sichern. Aber wenn dies nur durch problematische Investments geht, beisst sich die Schlange in den Schwanz. Ob mein eigenes Geld mithilft, neue und günstigere Wohnungen zu bauen oder ob es sich satt sonnt beim Spekulieren mit bleibend knappem Wohnraum, das spüre ich dann indirekt auch in meinem Geldbeutel. Und wenn wenig nachhaltige Anlagen getätigt werden, spüre ich zwar möglicherweise persönlich die dadurch verursachten Umweltschäden weniger: aber anderswo oder in der nächsten Generation lassen sie sich nicht einfach verdrängen.
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Seien wir ein bisschen mutig. Schreiben wir zwingende ökologische und soziale Anlagestandards für alle Pensionskassen fest. Und schaffen wir endlich die existenzsichernde AHV. Als ersten Schritt hin zu einem garantierten Existenzminimum für alle, die in der Schweiz leben. Solidarisch. Egalitär. Befreiend.
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Ein etwas zu grosser Sprung ins Visionäre? Mag sein. Aber sollen denn die einzigen reale Folgen der Finanzkrise in der Schweiz öffentliche „Spar“programme, ein staatliches Rettungspaket für die UBS, ein rechtlich problematischer Staatsvertrag und die bekräftigte Haltung der Mitte-Rechts Mehrheit sein, dass eine Boni-Steuer das grösste Übel der Welt wäre? Das kann es doch auch nicht gewesen sein!
Balthasar Glättli