Politische Positionen haben oft kurze Halbwertszeiten. Aktuell das Nein der CVP zu neuen Kampfflugzeugen in ihrem „Wahlvertrag“. Es wurde von ihren Parlamentariern grösstmehrheitlich ins Ja verdreht. Auch die SVP fährt populistisch Slalom. Zusammen mit allen anderen Parteien lehnte sie letzten Donnerstag den Antrag der Grünen auf ein Trennbank-System in der „too big to fail“ Debatte ab. Trotz eben bekannt gewordenem UBS-Fall. Unterdessen wird bereits wieder wacker darüber debattiert. Und via Blocher liess die Partei in den Medien sonntags ausrichten, nicht bloss die Abtrennung, nein, gar ein Verbot der Investmentbanken müsse ernsthaft geprüft werden. Ich dachte bereits beim Lesen: das tönt zu gut, um wahr zu sein.
Stunde der Wahrheit war am Montag im Nationalrat. Die SP stellte den Ordnungsantrag, neue Anträge zur Banken-Debatte nochmals zuzulassen. Das wäre die Möglichkeit für die SVP gewesen, das Versprechen vom Sonntag wahr zu machen. Doch siehe da. Mit 55 Nein gegen 42 Ja-Stimmen lehnte der Nationalrat den Antrag ab. 21 Nein-Stimmen kamen dabei von der SVP, nur 5 ihrer Nationalräte stimmten zu. 34 Volksparteiler schliesslich nahmen gar nicht an der Abstimmung teil. Sie waren wohl im Wahlkampf der schönen Versprechen engagiert.
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Der Bedarf nach immer neuen Versprechen ist da. Als hätten wir nicht genug zu tun, jene von gestern einzulösen! Letzte Woche fragten mich Journalisten ernsthaft, warum die Grünen nun nicht auf ein anderes Thema setzten als Atomausstieg und Energiewende. Das sei doch nun out. Meine Antwort, wir hätten schon vor, während und auch jetzt nach Fukushima die Energie- und Klimawende für zwingend gehalten, sie tönte irgendwie langweilig. Immerhin, sie stimmt.
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Darum bin ich froh, auch zur aktuellen Krise meine letzten grünen Gedanken zur Woche unverändert hier zitieren zu können: Erstens muss ein Trennbanken-System eingeführt werden. Die heutigen Kantonalbanken könnten zusammen mit einer Postbank die Rolle von Geschäftsbanken wahrnehmen, die keine Spekulationsgeschäfte machen. Zweitens braucht es eine stärkere Abschöpfung der Top-Vermögen. Eine Reichsten-Steuer und eine Erbschaftssteuer sind zwingend. Die dadurch generierten Mittel müssen drittens in den ökologisch-sozialen Umbau und in einen Service Public investiert werden, die Arbeitsplätze mit Zukunft schaffen, einen hohen gesamtgesellschaftlichen Nutzen haben und allen zur Verfügung stehen.
Dafür stehe ich ein. Auch nach den Wahlen.
Balthasar Glättli
(Erschienen im P.S. vom 22.9.2010 als Grüne Gedanken zur Woche)