Zugang für alle – Menschenrecht oder Geschäftsinteresse?Lesedauer ca. 2 Minuten

Es erinnert an die „One Laptop per Child“ Initiative – internet.org will darauf hinarbeiten, dass das Internet für alle Menschen zugänglich wird. Eine Reaktion – mit gemischten Gefühlen…

Die Initiative internet.org erinnert mich an Nicholas Negropontes Vision, dass mit einem günstigen 100 Dollar-Laptop für alle Kinder auf der Welt die Bildung und damit die Zukunft einer ganzen Generation global verbessert werden könnte. Soviel ich weiss, hat das Projekt unterdessen einige Rückschläge erlitten… Das aktuellste Projekt XO Tablet ist nicht viel mehr als eine spezielle Benutzeroberfläche und eine grüne Gummischutzhülle mit einem günstigen Android-Tablett. Die Kritik, dass vielleicht eine Initiative «One Teacher per Class» oder «One School per village» das Bildungsdefizit in den ärmsten Ländern nachhaltiger beseitigen würde, kann damit definitiv nicht zum Verstummen gebracht werden.
Nach laptop.org kommt nun also internet.org – das Internet für die ganze Welt. Zuerst einmal bringt uns dies ins Bewusstsein, dass auch der grosse Gleichmacher, das Internet, viel weniger global und omnipräsent ist, als man sich’s vorstellt. Kein Wunder: Bei uns in der Schweiz gehört Internetzung, wie in den meisten westlichen Ländern, zum Alltag. Selbst wer am Arbeitsplatz keinen Computer hat, ist übers Handy verbunden. Aber knapp zwei Drittel der Menschheit, über vier Milliarden Menschen hat heute noch keinen Zugang zum Internet. Eindrücklich illustriert dies eine animierte Karte auf Worldmapper.org oder die folgende Karte (Stand 2002):

blogpost_worldmapper_internetusers_2002_wide

Internet.org zitiert den UNO-Menschenrechtsrat, der festhält:

«Das Internet ist ein Motor für die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung und trägt zur Weiterentwicklung der gesamten Menschheit bei.»

Wenn das stimmt, dann fördert dieser Motor nur jene, denen es schon sowieso besser geht. Auf den ersten Blick wirkt also die Initiative von internet.org sympathisch. Auf den zweiten Blick allerdings stechen mir die Initianten in die Augen: Internet-Giganten wie Facebook. Und Hardware-Hersteller wie Samsung, Nokia und Ericsson. Da stelle ich mir die Frage: geht es hier wirklich nur um die hohen humanitären Ziele, die Informationsgesellschaft auch der Zweidrittel-Welt zu erschliessen, die heute ausgeschlossen ist? Oder geht es nicht vielleicht ebenso darum, mit dieser Initiative einen Markt und eine Nachfrage zu schaffen, die vorab jenen Firmen nützt, welche internet.org ins Leben gerufen haben?

Wenn der erschwingliche Zugang zu Kommunikationsmitteln und damit auch zum Internet ein so grundlegendes Recht sein soll, wie der Zugang zu Wasser und zu medizinischer Grundversorgung, dann dürfte die Gewährleistung dieses Rechts nicht von den Interessen privater Konzerne abhängig sein!