Söldnerfirmen – schafft die Schweiz keine klaren Regeln?Lesedauer ca. 3 Minuten

Die Sicherheitspolitische Kommission (SiK) des Nationalrats das Gesetz für Söldnerfirmen vorberaten. Das Resultat ist wenig schmeichelnd für die Schweiz. Schon der vorliegende Gesetzesentwurf schafft kein Bewilligungssystem wie das sowohl das international anerkannte und von der Schweiz initiierte Montreux-Dokument vorschlägt als auch das Parlament eigentlich in Auftrag gab. Zudem hat die Kommissionsmehrheit das Gesetz so verschlechtert, dass es nun Löcher hat so gross wie ein Emmentaler.

Wir erinnern uns: Die Aufregung im Jahr 2010 war gross, als die Söldnerfirma Aegis Defence Services ihren Holdingsitz von London nach Basel verlegte. Das Unternehmen hat Mandate in Kriegsgebieten wie Afghanistan oder im Irak. Von links bis rechts wurde Kritik laut. Die Verträglichkeit mit der Neutralitätspolitik der Schweiz wurde in Frage gestellt. Die NZZ schrieb damals:

Selten seien sich die Linke und die Rechte in der SIK so einig gewesen wie zu diesem Thema, sagte Jakob Büchler (vp., St. Gallen) am Dienstag vor den Medien in Bern. Die Sicherheitsfrage dürfe nicht privatisiert werden, lautet der gemeinsame Nenner. Alle Kommissionsmitglieder hätten sich für ein Verbot ausgesprochen, ergänzte Eric Voruz (sp., Waadt).

Trotz dieser Einigkeit setzte der Bundesrat in seiner Botschaft zum Bundesgesetz über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen die Vorgaben des Parlaments nicht um und verzichtete auf ein Bewilligungsystem. Der Gesetzesentwurf entsprechen auch in anderen Punkten nicht dem Montreux-Dokument, das die Schweiz selbst 2008 initiiert und gefördert hat. Dieser internationale Verhaltenskodex soll humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte schützen, indem er den Umgang von Staaten mit Söldner- und Sicherheitsfirmen wie Aegis Defence Services oder Blackwater (heute Academi) festlegt. Im Kapitel “Good practices for Home States” (Punkte 53 bis 73) legt das Montreux-Dokument auch fest, welche Regeln für die Heimatstaaten von privaten Militär- und Sicherheitsfirmen erstrebenswert sind.

Meldepflicht statt Bewilligungspflicht

Ein zentraler Punkt, der im schweizerischen Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt wird, ist die Einführung eines Bewilligungssystems. Eine in der Schweiz ansässige Söldnerfirma muss sich beim Bund anmelden, aber ihre Dienstleistungen nicht bewilligen lassen. Das heisst konkret auch: die Firmen werden nicht kontrolliert. Eine Überprüfung der Tätigkeiten ist nur für den Spezialfall vorgesehen, wenn die Söldnerfirma Dienste für Bundesbehörden erbringen soll. Für mich greift die Meldepflicht jedoch viel zu wenig weit: Die Schweiz hat nichts zu gewinnen, wenn sie privaten Militärfirmen zu viel Spielraum lässt, aber sie hat viel Glaubwürdigkeit als neutraler Staat zu verlieren!

Rechtlich klare Kriterien fehlen

Aufgrund verschiedener unklarer Formulierungen haben die Söldnerfirmen zudem einen zu grossen Spielraum. So wird den Firmen zwar eine «unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten im Ausland im Rahmen eines bewaffneten Konflikts im Sinne der Genfer Abkommen» verboten. Allerdings ist juristisch umstritten, ob die Intensität der Gewalt in Afghanistan oder im Irak ausreicht, damit die Situation als bewaffneter Konflikt im Sinne der Genfer Abkommen gilt. Ich regte für solche Fälle eine klarere Formulierung an. Auch das Tragen von Waffen ist ungenau reguliert. Entsprechende Verbesserungsanträge wurden allerdings von rechts abgelehnt.

Übereifriger Tyco Lobbyismus höhlt das ganze Gesetz aus

Die Bedeutung privater Sicherheitsdienste nimmt zu, das ist keine Frage. Das Marktpotenzial ist heute gross. Dass Firmen wie die Schaffhauser Tyco, ein weltweiter Lieferant von elektronischer Sicherheitsüberwachung, mit Lobbyisten gegen den Gesetzesentwurf kämpft, ist deshalb klar. Doch im Bestreben, Schlupflöcher für Tyco zu schaffen, hat die Kommissionsmehrheit in Tat und Wahrheit Scheunentore geöffnet (vgl. Fahne Herbstsession Nationalrat 2013 – Mehrheitsanträge).

 

Für die Grünen ist klar: Tätigkeiten, die den normalen Rahmen von Sicherheitsdienstleistungen überschreiten, sollten klar als Söldnertätigkeiten bezeichnet und verboten werden. Der vorliegende Kommissionantrag ist aber keine Blockade für Söldnerfirmen sondern ein Emmentaler Käse. Es hat sehr viele Schlupflöcher, welche die betroffenen Söldnerfirmen ausnutzen werden. Der Konsens von  2010 ist damit leider Geschichte. Sollte der Nationalrat der Mehrheit der Kommission folgen, muss er allerdings unangenehme Fragen beantworten: Wenn selbst ein Land wie Südafrika ist in der Lage ist, eine griffige Regulation privater Militär- und Sicherheitsfirmen durchzusetzen… wieso kann dies Schweiz nicht auch tun?