Fluchtursachen bekämpfenLesedauer ca. 4 Minuten

Immer mehr Menschen sind auf der Flucht und suchen bei uns Schutz. Anstatt die Flüchtlinge zu bekämpfen, wäre es sinnvoller, den Fluchtursachen entgegen zu treten. Wo und wie das möglich ist, zeigt eine Übersicht der Grünen EU-Parlamentarierin Ska Keller. 

Gemäss UNHCR stellt 2016 ein trauriges Rekordjahr das: 65,6 Millionen Menschen waren auf der Flucht, sei es als Flüchtlinge oder Vertriebene im eigenen Land. Innerhalb von 10 Jahren hat sich diese Zahl fast verdoppelt.

Fluchtursache: Kriege und Konflikte

Die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) der Universität Hamburg zog Bilanz: Im Jahr 2017 wurden 27 Kriege und 4 bewaffnete Konflikte geführt. Als bewaffnete Konflikte werden gewaltsame Auseinandersetzungen bezeichnet, welche die Kriegsdefinition nicht vollständig erfüllen. Meist sind das Fälle, in denen Kampfhandlungen nicht kontinuierlich erfolgen.

Ska Keller, Weltkarte der Fluchtursachen (CC BY 4.0), Kriege

Rüstungsexporte in solche Kriegs- und Krisengebiete machen die Konflikte meist erst möglich. Die USA, Russland und China exportieren am meisten. Doch auch viele europäische Staaten und die die Schweiz gehören zu den Exporteuren. Gemäss dem Stockholm International Peace Research Institute (sipri) exportiere die Schweiz in den letzten fünf Jahren Rüstungsgüter in die Krisengebiete Afghanistan (via USA), Pakistan, Thailand und die Ukraine. Hinzu kommen Lieferungen an Saudiarabien und an die Vereinigten Arabischen Emirate. Bekanntermassen waren und sind diese an Konflikten im Jemen, Lybien, Syrien und in Ägypten beteiligt. (vgl. Süddeutsche Zeitung). Somit profitieren sehr viele Staaten von diesen Kriegen und Konflikten. Würden sie nicht, wäre die Anzahl an Kriegen wohl einiges tiefer.

Fluchtursache: Fehlende Menschenrechte

Viele Menschen flüchten auch, weil sie in ihrem Land aufgrund ihrer persönlichen Merkmale, gelebten Werte oder sexuellen Orientierung nicht mehr sicher sind. In 17 Ländern haben Frauen sowohl kaum juristische sowie fast keine sozialen Rechte. Prekär ist es vor allem in Nigeria und in Bangladesch. (vgl. OECD Genderindex). Auch die Pressefreiheit wird weltweit immer mehr eingeschränkt. Schaut man die Daten von Reporter ohne Grenzen an, ist in vielen Ländern, aus denen Menschen fliehen, die Lage schwierig bis sehr ernst. Denn neben der Presse- wird meist auch die Meinungsfreiheit beschnitten. Bestrebungen, sich für eigene bzw. andere als die staatlichen Werte einzusetzen, werden im Keim erstickt. Die Übersicht von ilga zeigt zudem, dass in 87 Staaten Homosexualität noch immer bestraft wird, in mehr als 10 Ländern steht Homosexualität sogar unter Todesstrafe.

Ska Keller, Weltkarte der Fluchtursachen (CC BY 4.0), Menschenrechte

Würden die Menschenrechte eingehalten, könnten viele Personen ihr Leben so gestalten, wie sie möchten. Viele Menschen hätten keinen Grund zur Flucht, da sie grundsätzlich sehr gerne dort leben, wo sie aufgewachsen sind.

Fluchtursache: Ungleichheit und Armut

Der Zugang zu Einkommen, Gesundheit und Bildung ist weltweit sehr ungleich verteilt. Der Human Development Report 2016 der UNDP zeigt auf, dass besonders afrikanische Staaten benachteiligt sind, bzw. allgemein Länder des Südens. Die Menschen dort haben kaum Zukunftsperspektiven. Viele haben kein Einkommen und können deshalb die Schule der Kinder oder auch überlebenswichtige Behandlungen nicht bezahlen. Die Chancengleichheit verglichen mit europäischen Ländern ist gleich null. Deshalb migrieren viele Menschen, um wenigstens die Chance auf ein kleines Einkommen zu erhalten. Würden sich die Lebensumstände verbessern, würden viele von ihnen bleiben.

Ska Keller, Weltkarte der Fluchtursachen (CC BY 4.0), Ungleichheit und Armut

Fluchtursache: Klimawandel

Aufgrund des Klimawandels steigen weltweit die Temperaturen und der Meeresspiegel, verändert sich die Bodenqualität und Land- und Wasserressourcen gehen verloren. Zum Beispiel in Bangladesch stieg der Meeresspiegel um einen Meter an und machte so 17.000 Quadratkilometer Land unbrauchbar (vgl. UCAR). Gesunde Ökosysteme sind sehr wichtig für das menschliche Wohlbefinden. Sie schrumpfen jedoch täglich. Umweltverschmutzung, Dürre, Entwaldung, Artenschwund, Flächenverknappung und Wasserknappheit gefährden funktionierende landwirtschaftliche Systeme (vgl. FAO). Fehlt Nahrung und Trinkwasser, sind Menschen gezwungen an einem anderen Ort zu leben. Verschlechterte Lebensbedingungen, hervorgerufen durch den Klimawandel, werden immer häufiger.

Ska Keller, Weltkarte der Fluchtursachen (CC BY 4.0), Klimawandel

So bekämpfen wir Fluchtursachen

Wir müssen Bedingungen schaffen, die es den Menschen ermöglichen, in ihrem Land zu leben. Folgende Optionen gibt es für die Schweiz, die Fluchtursachen zu bekämpfen.

  1. Die Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten durch die Schweiz (u.a. Schweizerische Nationalbank, Vorsorge-Institutionen und Stiftungen) muss verboten werden. (» Kriegsgeschäfte-Initiative unterschreiben)
  2. Die Schweiz muss Deals jeglicher Art mit anderen Staat an menschenrechtliche Bedingungen knüpfen. Es sollte klar zum Ausdruck kommen, dass die Schweiz die Nicht-Einhaltung von Menschenrechten inakzeptabel findet. (»Konzernverantwortungs-Initiative)
  3. Handelsabkommen sollten zum Ziel haben, den lokalen Markt der Partnerstaaten zu stärken und somit Entwicklungsperspektiven zu bieten. Sie sollen Fairtrade fördern statt schrankenlosen Freihandel (»Fairfood-Initiative unterstützen und Ernährungssouveränitäts-Initiative unterstützen)
  4. Der Pariser Klimavertrag muss von der Schweiz konsequent umgesetzt werden. Denn wir sind Mitverursacher des Klimawandels. Darum unterstütze ich die geplante Gletscher-Initiative.
  5. Die öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz muss ausgebaut werden und entsprechend mehr Budget erhalten. Die Kriterien für die Empfängerländer sollen um Folgen des Klimawandels ergänzt werden.

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