Kontingentsflüchtlinge sind Flüchtlinge, die Gruppen ohne individuelles Asylgesuch direkt von der Schweiz aufgenommen werden. Dieses Dossier stellt den Umgang der Schweiz mit Kontingentsflüchtlingen dar. STAND: 1.9.2013

Kontingentsflüchtlinge unterscheiden sich von individuellen Asylgesuchen. Ihre Schutzbedürftigkeit ist erwiesen – darum finden keine aufwändigen individuellen Asylgesuchs-Verfahren statt. Von 1950 bis 1995 hat die Schweiz immer wieder Kontingentsflüchtlinge aufgenommen, im Schnitt jährlich zwischen 300 und 500 Personen (NZZ 9.3.2009). Von der Schweiz aufgenommene Kontingentsflüchtlinge waren Menschen aus Ungarn, Tibet, Indochina (Boat People), Chile, Irak, Sudan, Tunesien oder Ex-Jugoslawien. Diese Kontingentsflüchtlinge wurden jeweils über das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) vermittelt.

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen aus Ex-Jugoslawien hat der Bund 1998 die Kontingentspolitik ausgesetzt – und trotz dazwischen massiv gesunkener Asylzahlen wurde sie nie wieder regelmässig aufgenommen. Erst in den letzten Jahren wurden sehr zögerlich in Einzelfällen kleinste Kontingente akzeptiert, z.B. im 2011 im Frühling 35 Iraker.

Ein erster Versuch, wieder eine regelmässige Kontingentspolitik einzuführen, scheiterte 2005. Zwei Jahre später wollte die damalige Aussenministerin Calmy-Rey auf Anfrage des UNHCR eine Gruppe von 500 irakischen Flüchtlingen aus Syrien aufnehmen. Der Bundesrat lehnte dies ab. 2009 empfahl die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen dem Bundesrat, jährlich ein Kontingent von 300 Personen aufzunehmen – und die Schweizerische Flüchtlingshilfe stellte die Kontingentsflüchtlinge im Asylsymposium 2009 in den Mittelpunkt.

Noch 2012/13 nannte Bundesrätin Sommaruga die Flüchtlings-Kontingente zwar als kostengünstige Alternative zu den Botschaftsverfahren, welche im Herbst 2012 mit dem verschärften Asylgesetz abgeschafft wurde. Tatsächlich machte sie allerdings keine sichtbaren Schritte zur Wiedereinführung einer aktiven und kontinuierlichen Kontingentspolitik. Bis Ende August 2013 bewilligte Sommaruga lediglich zwei kleine Kontingente von zusammen 73 syrischen Kriegsflüchtlingen.

Hartherzig zeigte sich die offizielle Schweiz auch noch im Frühling 2013 gegenüber in der Schweiz lebenden Syrern, die ihre Familien hier bei sich in der Schweiz in Sicherheit bringen möchten. Humanitäre Visa werden keine ausgestellt, auch sonst wird die Einreise nicht erlaubt.

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Ende August 2013 zeichnet sich nun eine Wende ab. Angesichts der dramatischen Entwicklungen in Syrien waren es nicht nur linke und grüne Politiker (SoBli 25.8.) sondern auch der Präsident der aussenpolitischen Kommission des Ständerats, Hannes Germann (SVP), der am 28.8. die Aufnahme von Flüchtlings-Kontingenten öffentlich und in der Kommission zur Debatte stellte. Mit Erfolg, wie das Communiqué der Kommission vom 29.8. vermeldete:

„Anlässlich ihrer Sitzung hat die Kommission auch die zurzeit laufenden Gespräche des Bundesrates mit dem UNHCR über die mögliche Aufnahme von syrischen Flüchtlingen in die Schweiz sowie den Familiennachzug erörtert. Die Kommission ist der Ansicht, dass es in dieser ausserordentlichen Situation angebracht ist, dass die Schweiz ein Zeichen im Sinne ihrer humanitären Tradition setzt und unterstützt den Bundesrat  in seinen diesbezüglichen Bestrebungen.“

Gemäss Meldungen der Sonntagspresse am 1.9.2013 nimmt nun Bundesrätin Sommaruga endlich diesen Ball auf und will dem Bundesrat einerseits ein grösseres Syrienkontingent und andererseits die Wiederaufnahme der Kontingentspolitik beantragen.

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