Dass er ein Clown ist…
In Kürze
Dieser Text erschien als Grüne Gedanken zur Woche in der Wochenzeitung P.S. vom 10.1.2025.
Ja, er ist ein Clown. Aber dass er ein Clown ist, heisst noch lange nicht, dass er nicht gefährlich ist. Das gilt für Donald Trump und Elon Musk ebenso wie für Kickl, Weidel, Le Pen, für Meloni und Wilders ebenso wie für Andreas Glarner oder Neu-Parteigründer Andrew Tate.
Sie alle nutzen die Empörungs-Maschine. Sie fluten die Newsticker mit immer neuen Ungeheuerlichkeiten. Das Muster hat Steve Bannon 2018 transparent gemacht: «The Democrats don’t matter», sagte Bannon gegenüber dem Autor und Schriftsteller Michael Lewis: «The real opposition is the media. And the way to deal with them is to flood the zone with shit.» Es geht also vorab gar nicht mehr um den politischen Gegner.
Der Gegner sind die Medien, welche einordnen, gewichten, Fakten checken. Und wenn sie mit Aufregern, mit Scheisse, überschwemmt werden, haben sie schlicht keine Ressourcen mehr, darauf angemessen zu reagieren – solange sie nicht den eigenen Anspruch hinterfragen, auf jeden Aufreger auch zu reagieren. Doch selbst wenn die klassischen Medien sich selbst beschränken und nicht mehr über jedes Stöckchen springen sollten – Zensur, Zensur, Cancel-Culture, Cancel-Culture würden die Betroffenen dann schreien – tragen die Echoräume der sogenannt sozialen Medien die Flut der Clownscheisse weiter. Ihre Mechanismen sind auf Aufreger optimiert. Das fesselt die Menschen ans Handy, mehr Auf-
merksamkeit bedeutet mehr Zeit um Ausspielen von Werbung.
Wie soll man darauf als Politiker:in reagieren? Ich weiss die Patentantwort auch nicht. Eins ist aber klar: Eine Herausforderung liegt darin, verbindliche Beziehungen zumindest zu den eigenen Kontakten direkt zu halten. Selbst Inhalte zu produzieren. Und den ganz persönlichen Kontakt zu pflegen. Online oder vielleicht noch besser ganz altmodisch in der realen Welt. Noch wichtiger als der Anteil an Wählenden und Sympathisant:innen wird künftig der Anteil an Aufmerksamkeit sein, den man sich bei diesen Gruppen sichert. Um ihnen zu zeigen: Es gibt eine Politik jenseits von Klamauk, Verantwortungslosigkeit und Hetze.
Zurück zum Start. Das mit dem Clown gilt für viele. Aber nicht alle spielen auf der gleichen Bühne. Und nicht alle haben bereits die gleiche Macht. Und darum sind auch nicht alle gleich gefährlich. Wirklich gefährlich sind andere. Jene, die ihnen den Weg zur Macht ebnen. Die FPÖ ist in Österreich weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Wenn sie an die Macht kommt, dann dank tatkräftiger Hilfe der ÖVP und der Neos. Das französische Rassemblement National setzt zentrale Politikpunkte nicht darum durch, weil Le Pen die Präsidiumswahlen gewann. Sondern weil Macron den informellen Front républicain, die Brandmauer, betrogen hat und nach rechts abbiegt. Und auch Hitlers NSDAP wurde nicht demokratisch an die Macht gewählt. Sie hatte an der Urne im November 1932 Wähleranteile verloren: Die Machtergreifung war vorab eine Machterteilung.
Behalten wir das in Erinnerung.
Auch in der Schweiz.
Balthasar Glättli, Nationalrat GRÜNE