
Die Schweiz soll der Ukraine keine Waffen «wegkaufen»
In Kürze
Dieser Text erschien als Grüne Gedanken zur Woche in der Wochenzeitung P.S. vom 7.3.2025.
Schon als Ständerätin hatte Karin Keller-Sutter sich nach Putins Krim-Invasion für Dual-Use-Exporte nach Russland eingesetzt. Nun legte sie nach. Nach der Münchner Sicherheitskonferenz äusserte sie Zustimmung zu Aussagen des russischen, ähm sorry, des amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance. Getreu dem Motto «den anderen vorwerfen, was man selbst tut» hatte Vance die angebliche Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Europa attackiert.
Was aber ist die «freie Meinungsäusserung» nach Vance? Keine Schranken für rechtsextremen Hass auf den Online Plattformen. Dafür Zensur Tausender von US-Regierungsseiten, weil darin so «woke» Wörter vorkommen wie «Frauen», «Minderheit» oder – Gott bewahre – «Gender», «Diversität» und «Klimawandel».
Diese Äusserungen nun waren für Keller-Sutter «ein Plädoyer für die direkte Demokratie» und «sehr schweizerisch». Ich frage mich: Hegt Keller-Sutter echte Bewunderung für den rechten Tech-Bro-Imperialismus? Unterstützt sie einen russischen Diktat-Frieden, welcher der Ukraine aufgezwungen wird? Ihr wahres Motiv ist wohl banaler: Anbiederung an Trump zwecks guter Geschäfte. Die alte Neutralität des Geldsacks. Schweizer Aussenpolitik ist Aussenwirtschaftspolitik, hiess es bekanntlich jahrzehntelang in der Schweiz. Und Aussenwirtschaftspolitik hiess dann: Geschäfte mit allen. Non olet – Geld stinkt nicht. Wer Keller-Sutter also politische Prinzipienlosigkeit vorwirft, irrt. Ihr Prinzip ist klar: Business first! Höchste Zeit, dass der Gesamtbundesrat nicht länger dröhnend schweigt dazu, und klarstellt: dies ist nicht die offizielle Haltung der Schweiz.

Nach den Worten von Vance kamen die Taten von Trump. Der stoppte Anfang Woche die Militärhilfe an die Ukraine. Das wird zwar keine sofortigen Folgen haben. Wir erinnern uns: schon 2024 blockierten die Republikaner von Januar bis April die US-Militärhilfe. Aber es eilt, die Ukraine zu stärken, weil ein Sieg Putins nicht etwa «Frieden» bringt, sondern eine Ausweitung des autoritären russischen Regimes.
Auch die Schweiz muss sich überlegen, wie sie helfen kann. Mit Sanktionen, weil via Novatek Zug heute Putins Kriegskasse mit Flüssiggas-Milliarden gefüllt wird. Mit harter Durchsetzung von Ausfuhrbeschränkungen – damit nicht länger Dutzende Schweizer Präzisionsmaschinen in Putins Waffenschmieden landen, wie dies SRF diesen Mittwoch aufgedeckt hat. Und mit einer raschen Ausweitung der humanitären Hilfe, ohne die internationale Zusammenarbeit zusammenzustreichen.
Und auch militärisch braucht die Ukraine Unterstützung. Die Gretchenfrage hier: Was kann die Schweiz tun, ohne sich wie bisher in neutralitätsrechtlichen Diskussionen zu verstolpern? Mein Vorschlag – eingereicht als Motion im Parlament: Die Schweiz soll, wo immer gewünscht, ihre Liefertermine von Rüstungsgütern nach hinten schieben und abtauschen, wenn dies der Ukraine oder andern Staaten an der Grenze zu Russland zugute kommt. Es ist absurd, dass wir heute der Ukraine Rüstungsgüter wegkaufen, um unsere Lager zu füllen!
In einem Bild ausgedrückt: Es brennt auf der andern Seite der Strasse. Das Löschwasser ist knapp. Ist es da richtig, die Hydranten zu kapern, um in erster Priorität und möglichst rasch die eigenen Löscheimer zu füllen, obwohl es das Feuer gegenüber ist, das lichterloh brennt?
Balthasar Glättli