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Wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zur Zeit steht, wenn Sie diese Gedanken lesen, weiss ich als Schreibender momentan nicht. Schon drei Millionen Flüchtlinge hätten die Ukraine verlassen, wird aktuell – am Montagabend – gemeldet. Hunderttausende sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Und ebenso viele eingeschlossen in den belagerten Städten. Bilder des Elends. Und Bilder der Solidarität – auch aus der Schweiz, wo für einmal der Bundesrat die Hilfsbereitschaft nicht wie früher in Paragraphen erstickt, sondern erstaunlich rasch und grosszügig reagiert.

Für viele Schlussfolgerungen ist es heute schlicht zu früh. Was bedeutet dieser Angriffskrieg für den Multilateralismus, die zwischenstaatlichen Konfliktregelungen? Das können auch ExpertInnen noch nicht sagen. Wie wird der Konflikt enden? Man kann nur hoffen: möglichst bald. Wie sieht eine Friedenspolitik aus, die weder naiv ist noch einfach den halben Nato-Beitritt anstrebt? Das gibt zu reden.

Klimaschutz, Frieden und Freiheit gehen zusammen.
Balthasar Glättli, Präsident GRÜNE Schweiz

Eines immerhin ist heute schon klar. Klimaschutz, Frieden und Freiheit gehen zusammen. Selbst der deutsche FDP-Chef und Finanzminister Lindner nimmt die Diktion der Grünen auf. Und nennt die erneuerbaren Energien treffend «Freiheitsenergien».

Das stimmt im doppelten Sinne. Von uns, von Europa aus gedacht. Weil der Ausbau der Erneuerbaren uns aus der direkten engen Abhängigkeit von Autokratien und Diktaturen befreit. Und darum viel rascher vorangetrieben werden muss. So wie das Deutschland tut mit einem 200-Milliarden-Euro-Paket. Von der Bevölkerung der Erdöl- und Erdgas exportierenden Länder her gedacht stimmt es auch. Weil der Rohstofffluch in den meisten dieser Herkunftsländer die Autokraten stärkt und die Oligarchen bereichert. Und nicht Demokratie und Entwicklung für die breite Bevölkerung fördert.

Ebenfalls klarer denn je ist heute: Mit der globalen Bedeutung der Schweiz für den Rohstoffhandel kommt auch eine globale Verantwortung. Das aktuelle Beispiel: 80 Prozent des Rohstoffhandels von Putin-Russland läuft über unser Land. Umso dringender ist, dass die Schweiz ihre Gehilfenschaft zum Rohstofffluch stoppt. Damit dies gelingt, braucht’s echte Konzernverantwortung. Und transparente Verzeichnisse über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse von Bankkonten und Firmenanteilen. Und es braucht das, was der grüne Nationalrat Louis Schelbert schon 2013 forderte: eine Aufsichtsbehörde für den Handel mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln. Public Eye hat das Konzept unter dem Namen ROHMA (analog der Finanzmarktaufsicht FINMA) einst detailliert ausgearbeitet. Machen wir endlich ernst damit!

Balthasar Glättli

(Dieser Text erschien als GRÜNE GEDANKEN ZUR WOCHE in der linken Wochenzeitung P.S. am 18.3.2022)