Wie nennt man eine grüne Welle, die seit fünf Jahren anhält? Das Schweizer Fernsehen sprach von einer «Dauerwelle». Jüngstes Beispiel: Die Zahl der grünen Mandate im Freiburger Grossen Rat konnte mehr als verdoppelt werden. Natürlich gelang dieser Sprung auch darum, weil die Grünen erstmals überhaupt in allen Bezirken antraten. Dennoch: Keine andere Partei hat in allen kantonalen Wahlen seit 2019 so zugelegt wie wir Grüne. Und das nationale Wahlbarometer sieht die Grünen ebenfalls wieder im Steigflug und auf gleicher Höhe wie FDP und Mitte. Entgegen den Kommentaren vieler Medien zeigen die Zahlen übrigens: Rot-Grün legt auch in der Summe zu.

Weiterhin besetzt allerdings allein die SVP in den Kantonsparlamenten mehr als doppelt so viele Sitze wie die Grünen. Damit bleiben wir Grünen weiterhin eine Minderheit im Land, auch zusammen mit den SozialdemokratInnen. Eine aufstrebende Minderheit, die aber trotzdem auf Mehrheiten an der Urne angewiesen ist. Grüne Wahlsiege sind wichtig und machen auch auf andere Parteien Druck, grüner zu werden. Aber grüne Politik ohne Mehrheiten in Einzelfragen kann den nötigen Wandel nicht beschleunigen. Schmerzhaft haben wir dies zuletzt beim CO2-Gesetz erfahren müssen – wenn auch knapp und mit aufgrund diverser unglücklicher Umstände.

Beim CO2-Gesetz hat es nicht an grüner Kompromissbereitschaft gefehlt. Ganz im Gegenteil. Was der Kampagne aber fehlte, war die Prägnanz und Überzeugungskraft. Die Klimaerhitzung erlaubt keine Atempause. Auf nationaler Ebene bietet die Gletscherinitiative dem Parlament die Chance, Nägel mit Köpfen zu machen. Auf internationaler Ebene läuft in Glasgow die Klimakonferenz 2021 (COP 26) – wenn ich diese Zeilen schreibe, ist noch nicht bekannt, ob die Regierungen dieser Welt sich auf Lösungen verständigen, die der Dringlichkeit der Lage gerecht werden – zu befürchten ist: eher nicht.

Dafür haben wir im Kanton Zürich am 28. November die Riesenchance, zumindest beim Heizen das Ende des fossilen Zeitalters einzuläuten. Die Glarner KlimaaktivistInnen haben im September vorgemacht, wie’s geht, und die dortige Landsgemeinde davon überzeugt, Ölheizungen sogar ohne Wenn und Aber zu verbieten. Ein Steilpass für das massgeblich vom grünen Regierungsrat Martin Neukom initiierte neuen Energiegesetz! Eine breite Allianz von AL bis und mit FDP sagt Ja. Die Message ist deutlich: Keine Ölheizungen bei Neubauten, bestehende
Ölheizungen müssen am Ende ihrer Laufzeit wenn immer möglich durch klimafreundliche Wärmesysteme ersetzt werden.

Nutzen wir den wichtigsten klimapolitischen Hebel, den der Kanton hat und reduzieren 40 Prozent des CO2 Ausstosses in unserem Kanton. Zudem ist klimafreundliches Heizen auch finanziell günstiger. Eine klare Sache also für ein klares Ja? Ja – wenn die Mobilisierung für eine grüne Mehrheit gelingt!

Balthasar Glättli, Nationalrat GRÜNE

(Dieser Text erschien leicht gekürzt erstmals in der Wochenzeitung P.S. am 12. November 2021 als „Grüne Gedanken zur Woche“)