© Herzi Pinki (CC BY-SA) 4.0 , via Wikimedia Commons

In Kürze

Dieser Text erschien als Grüne Gedanken zur Woche in der Wochenzeitung P.S. vom 24.2.2023.

Nicht jede Entscheidung ist einfach. Jene, ob die Schweiz die Weiterlieferung von Waffen an die Ukraine zulassen soll, ist es sicher nicht. Auch innerhalb der GRÜNEN wird diese Frage heiss diskutiert. Für mich wichtig: Wer sich als Grüne*r für die Weiterlieferung ausspricht, ist darum kein*e Kriegsgurgel. Und wer sich als Grüner weiter dagegen wehrt, tut das nicht als Putinversteher*in.

Wir GRÜNE wollen alles gegen die Aggression Putins tun, was völkerrechtlich unbestritten möglich ist. Die Schweiz hat eine besondere Verantwortung als Rohstoffhandelsplatz und Ermöglicherin des ökonomischen Putinismus.

Nach dem Angriff fanden Sanktionen, welche die GRÜNEN schon vor Kriegsbeginn gefordert hatten, Zustimmung bis zur FDP. Aber die Umsetzung hapert massiv. Wir forderten darum einmal mehr Transparenz über die tatsächlichen Besitzer*innen von undurchsichtigen Unternehmenskonstrukten. Und eine Kriegsgewinnsteuer. Die massiven Übergewinne im Rohstoffbereich gehören den Ukrainerinnen und Ukrainern, nicht in die Tasche der Aktionär:innen. Auch die Schweiz soll eigenständige Sanktionen verhängen. Und die Turbinen im Notfall-Gaskraftwerk in Birr gehören in die Ukraine.

 

Wer sich als Grüne*r für die Weiterlieferung ausspricht, ist darum kein*e Kriegsgurgel. Und wer sich als Grüner weiter dagegen wehrt, tut das nicht als Putinversteher*in.
Balthasar Glättli, Präsident GRÜNE Schweiz

Das eine tun. Und das andere nicht lassen – entgegnen Befürworter der Munitionsweitergabe. Gelassen wird aber viel. Warum zahlt Österreich als ebenso militärisch neutrales Land viermal so viel humanitäre Hilfe wie die Schweiz? Die Bürgerlichen lehnten eine Erhöhung ab. Russlands Kriegsfähigkeit real brechen könnten wir, wenn wir die Kriegsfinanzierung via Rohstoffhandel stoppen würden. 80% dafür läuft über die Schweiz!

Dass die Ukraine heute dringend auch Waffen braucht, um sich zu wehren, ist unbestritten. Bestritten ist bloss die Rolle der Schweiz. Auch Micheline Calmy-Rey hat diese Woche in der Republik bekräftigt, dass Kriegsmateriallieferungen an die Ukraine neutralitätsrechtlich ausgeschlossen sind. Eine Lockerung des Kriegsmaterialexportgesetzes würde Wege verbauen auf dem diplomatischen Parkett. So hat Wolodimir Selenski ja die Schweiz geben, die Ukraine mit einem Schutzmachtmandat in Russland zu vertreten.

Last but not least ist die Sorge um die Ukraine ist nicht die einzige Motivation zur Aufweichung des Kriegsmaterialexport-Gesetzes. Zur Kenntlichkeit bringt FDP-Präsident Thierry Burkart die Haltung der Freisinnigen, mit seiner Kritik an der SVP auf allen Kanälen: «Die SVP leitet den langsamen Tod der Schweizer Rüstungsindustrie ein».

Die Kritik an der SVP muss aber in die umgekehrte Richtung gehen. Die SVP-Neutralität ist tatsächlich eine Neutralität des Portemonnaies. Geschäfte mit allen, solange es sich nur rechnet. Darum haben in der Politik der SVP auch Sanktionen keinen Platz – sie könnten ja auch dem eigenen Geschäft schaden.

Die Frage sei erlaubt: Könnte die FDP-Solidarität der Waffenweitergabe tatsächlich ebenfalls eine des Portemonnaies sein – weil sonst die Schweizer Rüstungsindustrie Absatzmärkte und Umsatz verliert? Honi soit qui mal y pense.

Balthasar Glättli, Präsident GRÜNE

(Dieser Text erschien zuerst als grüne Gedanken zur Woche in der Zürcher Wochenzeitung P.S. am 24.2.2023)