blogpost_kongresshausneu_squareAls hätte das unerwartet klare Signal nicht genügt. Dieses Nein zum Kongresshaus-Konstrukt, in seiner unerwarteten Deutlichkeit nicht bloss durch die wehmütig nostalgische Fixierung einiger Heimatschützer auf ein paar HaefeliMoserSteiger-Locken erklärbar. Sondern Ausdruck berechtigter Zweifel an einem über die Massen komplexen PPP-Finanzkonstrukt. Ein Nein überhaupt gegen die Public-Private-Partnership, die in der ungleichen Risikoübernahme bestand. Nach dem alten Motto: die Gewinne den Privaten, die Verluste dem Staat.
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Als hätte das unerwartet klare Signal nicht genügt setzte der Stadtrat nun der PPP-Ablehnung am Mittwoch ein nettes Sahnehäubchen auf. Er erinnerte uns daran, dass die Ablehnung von PPPs nicht nur im besonderen Einzelfall angebracht ist sondern durchaus eine allgemein brauchbare skeptische Ausgangshaltung darstellt.
Natürlich formulierte er es nicht direkt so. Aber wir Skeptiker verstehen es dennoch, wenn uns ein brauchbares Argument zur Hand gegeben wird. Und das Argument war brauchbar. Es war einleuchtend und simpel. Der Stadtrat teilte uns nämlich mit, dass er einen Planungsauftrag für ein Eishockey-Stadion und ein Hallenbad erteilt habe. Neben dem Hallenstadion Oerlikon. Genau! Das gleiche Hallenstadion, das wir vor vier Jahren als Eishockeystätte in einer PPP mit städtischen Investitionen und Darlehen von total über 57 Millionen total saniert hatten.
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Halt, ruft die geneigte Leserin. Bitte keine Denkverbote. Probleme müssen gelöst werden. Das ist doch die Aufgabe des Stadtrats. So verteidigte sich auch Stadtrat Vollenwyder am Samstag. Und liess sich zitieren: «Ich bin schon erstaunt, dass man uns das Nachdenken verbieten will.» Wohl gesprochen. Das Nachdenken allerdings will ich dem Stadtrat genau so wenig verbieten wie das Vorausdenken! Im Gegenteil. Denken wir nach. Schauen wir doch gemeinsam zurück. Eine kleine Geschichte: erzählen wir sie.
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Weil offenbar Unterhalt und Ausbau vernachlässigt worden waren, steht das Hallenstadion 2002 plötzlich vor einem unangenehmen Problem. Die Feuerpolizei droht mit der baldigen Ausserbetriebsetzung von 5000 Sitzplätzen. Panik nicht nur bei ZSC Fans. Kein Geld in der Stadion-Kasse. Aber die Stadt eilt zu Hilfe. Entwirft eine Vorlage, die viel verspricht, verdächtig viel. Die Hallenstadion AG wahrt ihr Gesicht. Die Fragen zur finanziellen Situation (Überschuldung?) sind vom Tisch. Die kommerziellen Chancen der Herren Béchir und Wüger sind sicher gestellt. Ein toller Spielort für den ZSC auch. Die Hallenstadion AG kann ohne Wettbewerb an den Generalunternehmer ihres Vertrauens vergeben. Und trotzdem wird eine «Verstaatlichung» vermieden und im engen Wortsinn auch eine Subvention.
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16. Januar 2003. Sonderbares Theater im Gemeinderat: Zwei geschlagene Stunden brauchen Ratsmitglieder aller Couleur, um Zweifel an der Hallenstadion-Vorlage anzumelden. Dennoch sagten schliesslich alle anderen Parteien Nein zum Rückweisungsantrag der GRÜNEN/AL. Und in der Schlussabstimmung üben sich alle GRÜNEN/AL in Enthaltung. Alle? Nein. Ein kleinstes Häufchen hat die Courage, trotz bevorstehender Kantonsratswahlen gegen «…et circenses» aufzustehen. Meine Wenigkeit und meine Sitznachbarin Heidi Bucher. Auch wenn dies – ein anekdotischer Nebenschauplatz – im selbst polierten Mythos der AL-Widerständigkeit, in der «AL Bilanz aus dem Gemeinderat 2002-2006», ein klein wenig anders dargestellt wird. «Im Januar 2003 wehrt sich die AL allein dagegen, dass die Stadt annähernd die Hälfte der Sanierungskosten von 140 Mio Franken für das Hallenstadion übernimmt» heisst es dort. Se non e vero?
Murrend aber praktisch ohne Gegenstimmen ist also beschlossen. Glücklich sind Wüger, Béchir, ZSC und die Karl Steiner AG. Und das alles ermöglicht die Stadt, weil sie das Land der Hallenstadion AG für 31 Millionen abkauft um es ihr sogleich, um 18 auf 13 Millionen abgewertet, wieder im Baurecht zurück zu geben. Eine finanzakrobatische Verrenkung. Entweder hat die Stadt das Land viel zu teuer bezahlt, um die Bilanz der privat beherrschten Hallenstadion AG zu frisieren. Oder dann ist der Abschreiber nicht berechtigt und kommt einer indirekten massiven Subvention gleich.
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Bleibt die Volksabstimmung. Und der Sport setzt sich durch. ZSC als überparteilich schlagendes Argument. Die SP – wie der Tagi damals süffisant in einem Züri Intern vermerkte – versucht auch noch mit der Frage zu überzeugen «Und wo sollen die grossen Aktiengesellschaften ihre Aktionärsversammlungen abhalten, wenn nicht im Hallenstadion?»
Jedem seine Argumente. Es wird Sonntag, 18. Mai 2003. Ein Abstimmungssonntag zum Rauchen. Nur die Grünen haben Plakate gegen die Hallenstadion-Vorlage gehängt. Es gibt blasse 26.50 % Nein. Der ZSC ist gerettet.
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Meint man. Doch alles kommt anders. Der ZSC ist unglücklich. Die Hallenstadion AG mit dem ZSC auch. Stadionbaupläne werden gewälzt und wieder verworfen. Das ewz sponsert und sponsert. ZüriWest nimmt den Puck auf, entwirft eine Eishockey-Fussball Amöbe als Gegenvorschlag zum Shopping-Stadion.
Und wie die alte Fastnacht meldet sich nun noch der Stadtrat. Synergien sieht er, energetische. Auch die haben wir schon mal gekauft. Mit dem Energie-Contracting der EWZ für die Klima- und Eisanlagen im Hallenstadion nämlich. Die würde es dann so wohl auch nicht mehr brauchen…
Ich meine: bauen wir wenn schon das Kongresshaus beim Hallenstadion und die Amöbe in Zürich West. Aber dann ohne PPP Murks.
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«Kaum wollen wir vorausschauend in die Zukunft planen, geht das Gebell schon los», sagte Stadtrat Vollenwyder letzten Samstag. Vielleicht hat der Stadtrat mit dieser Einschätzung zu früh gehofft. Manchmal beissen ja auch bellende Hunde.
Ja, Sportsfreunde. Ich wollte diese Gedanken ganz anders betiteln. Kurz und bündig. PPPuschteduss.
Kolumne Grüne Gedanken zur Woche im P.S. vom 19.6.2008