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Wieder einmal die Schweiz als Kriegsgewinnlerin.

Normalerweise sieht die schweizerische Iron-Lady, Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter, ja rot, wenn es um die Bundesfinanzen geht.  Mitte Februar konnte Keller-Sutter aber frohe Nachrichten verkündigen. Wie jedes Jahr einmal, wenn nicht das Budget, sondern die Rechnung des Bundes im Fokus steht. Der Bund schloss 2,5 Milliarden besser ab als geplant. Und wem dankte die Finanzministerin an ihrer Pressekonferenz besonders? Den Kriegsgewinnlern aus der Rohstoffbranche in Genf und Zug.

Diese Konzerne macht seit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine einen Reibach. Statt mit einer Kriegsgewinnsteuer die Sondergewinne abzuschöpfen und damit grosszügig die humanitäre Hilfe an die Ukraine zu verstärken, macht der Bundesrat aktiv die Augen zu. Sogar dann, wenn russische Firmen mit Sitz in Zug zur Putin-Finanzierung beitragen. So wie Russlands zweitgrösster Gas-Konzern Novatek. Die Pipelines von Gazprom werden sanktioniert. Die Flüssiggasschiffe nicht. Die Folge? Belgien, Spanien und Frankreich bezogen zuletzt mehr Gas aus Russland als vor Kriegsbeginn. Im Dezember gelangte die Rekordmenge von 2160 Mio. Kubikmeter Flüssiggas aus Russland in die EU. Die Flüssiggasfirma Novatek alleine schaufelte 8 Milliarden Euro aus Europa in Putins Kriegskassen.

Wieder einmal die Schweiz als Geschäftemacherin um jeden Preis.

Nach der skandalösen Rede des US-Vizepräsidenten JD Vance an der Münchner Sicherheitskonferenz waren alle europäischen Politiker:innen empört. Alle? Nein. Die Bundespräsidentin eines kleinen Landes fühlte sich angesprochen. Keller-Sutter hatte ein «Plädoyer für die direkte Demokratie» gehört, Vances Äusserungen seien «sehr liberal» und in diesem Sinne «sehr schweizerisch» gewesen. Was aber ist die «freie Meinungsäusserung» nach Vance – abgesehen von seiner AfD-Werbung? Keine Schranken für rechtsextremen Hass auf den Online Plattformen. Dafür Zensur Tausender von US-Regierungsseiten, weil darin so «woke» Wörter vorkommen wie «Frauen», «Minderheit» oder – Gott bewahre –  «Gender» und «Diversität».

Hegt Keller-Sutter echte Bewunderung für den rechten Tech-Bro-Imperialismus? Unterstützt sie einen russischen Diktat-Frieden? Ihr wahres Motiv ist wohl banaler: Anbiederung zwecks guter Geschäfte. Schon als Ständerätin hatte Keller-Sutter sich nach Putins Krim-Invasion für Dual-Use-Exporte nach Russland eingesetzt.

Keller-Sutters hat also durchaus politische Prinzipien. Sie lauten: Business first!

Balthasar Glättli

Balthasar Glättli (*1972) ist seit 2011 Nationalrat der GRÜNEN. Er ist Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK-N) und der Staatspolitischen Kommission (SPK-N).

Dieser Text erschien als Kolumne in der Friedenszeitung Nr. 52 vom März 2025