DenkStau
Gewisse Dinge ändern nie. So auch die Binsenwahrheit, dass Politiker kaum über ihre Fehler, sondern meist über deren Vertuschung stolpern. Und darum habe ich den Verdacht, dass sich der Irrlauf unseres Bundespräsidenten viel simpler erklären lässt, als dass das in den bisherigen Kommentaren der Fall war.
Gewisse Dinge ändern nie. So sicher wie früher oder später das sommerlichen Wetterhoch kommt, so sicher kommt auch die ewige Leier zu Zürichs Baustellen und zur Menschheitsplage Stau. Dass die grösste erfolglose Partei diese Steil-Vorlage der Zürcher Zeitungen für den Wahlkampf aufgenommen hat, ist ihr nicht zu verübeln. Eine edle Outdoor-Pressekonferenz dazu hatte die SVP praktisch vor meiner Haustüre an der Seebahnstrasse organisiert – leider blieb der Stau aus. Und das Wettern des kantonalen Fraktionspräsidenten Frei gegen die verpasste Spurerweiterungen in den Tunnels rund um Zürich passte schlecht zu Mauro Tuenas Refrain, dass an allem Verkehrsübel natürlich die grüne Stadträtin schuld sei.
Diese unfreiwillige Komik darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fortsetzung der Debatte durchaus ins Auge gehen könnte. Denn selbst wenn bürgerliche Exponenten hinter den Kulissen zugeben, dass auch ein SVP-Baudirektor die Baustellen nicht aus Zürich wegzaubern könnte, wurde nun am Montag im Kantonsrat einmal mehr die Entmündigung der Stadt Zürich postuliert – und an den Regierungsrat überwiesen. Die bewährte Aufgabenteilung zwischen Stadt und Kanton soll über den Haufen geworfen werden. Statt die eigenen Probleme zu lösen, übt man sich in Schuldzuweisung. Zu befürchten ist, dass dieses Beispiel von Denkstau auch in anderen Themenbereichen Schule macht… hoffen wir zumindest, die unreflektierte Haue auf den «rot-grünen Stadtrat» bleibe reines Wahlkampfgetöse. Die Zeiten ständiger Quereleien zwischen Stadt und Kanton habe ich nämlich nicht in guter Erinnerung!
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Gewisse Dinge ändern nie. Dazu gehört auch das Mutmassen, Kaffeesatzlesen und Strategien Schmieden vor Bundesrats(ersatz)wahlen. Auch langsam zu den üblichen Begleitumständen gehört, dass die Grünen hier speziell vor einer nicht allzu einfachen Aufgabe stehen. Einerseits drängen wir als wachsende grösste Oppositionspartei «natürlich» in den Bundesrat. Dies scheint ein Teil der Logik der parlamentarischen Politik zu sein. Allerdings mäandriert die Begründung auf den Grünen Bundesrats-Anspruch recht schillernd zwischen arithmetischen und inhaltlichen Argumenten.
Ohne einen guten eigenen Kandidaten – wie beispielsweise den Genfer Regierungs- und Ständerat Robert Cramer – bleibt allerdings jeder Anspruch so oder so papieren. Tritt dagegen ein grüner Kandidat an, wird er ohne ein Weltwunder, sprich ohne Unterstützung von SP und CVP, nicht mehr als ein Zählkandidat sein, und womöglich künftig in einer mehr Erfolg versprechenden Situation mit einem Handikap starten. Immerhin wäre das zumindest einleuchtender als das erneute Antreten mit einer grünen Kandidatur, die dann schliesslich schon im ersten Wahlgang von der eigenen Fraktion und von sich selbst im Regen stehen gelassen wird.
Spätestens im dritten Wahlgang dann wird aber so oder so die Stunde der Realpolitik schlagen. Bloss ist auch die vertrackt. Die einen Realpolitiker sagen, wenn man wirklich als Grüne in den Bundesrat wolle, dann wäre die Unterstützung der CVP eine taktische Fehlleistung erster Güte. Denn damit würde ein eigener Sitzanspruch wohl auf Jahre hinaus verbaut. Die anderen Realpolitiker sagen, die Unterstützung einer CVP Kandidatur sei doch Pflicht, wenn sie auch nur graduell aufgeschlossener sei gegenüber Umweltanliegen und nur ein bisschen widerständiger gegen neoliberale Sozialabbau-Phantasien als die Freisinnigen Kandidaturen.
Vermutlich wird die Ausgangslage sich wie üblich erst kurz vor dem eigentlichen Showdown klären. Und das ist auch gut so. Denn danach wissen wir wenigstens, ob die Grünen in Bern im Ernstfall bestehen und in der «Nacht der langen Messer» eine Rolle spielen können. Denn diese taktische Reife wäre eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass sie dann – später – auch als Bundesratspartei bestehen und Erfolge für unsere Politik organisieren könnten. Ich bleibe gespannt!
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Nun hat Merz nach seiner eigenen Interpretation «Führungskraft» bewiesen – in einer Art und Weise, die unseres Rechtsstaats absolut unwürdig ist. Und er damit gezeigt, dass sein Verständnis für Unrechtsregimes bleibender Teil seiner Biographie ist. Seine Vergangenheit als Berater im damaligen Apartheit-Südafrika wurde ja in der Vergangenheit erstaunlich wenig thematisiert, ebenso wenig wie seine skandalöse Aussage 2002 in einem Interview des Tages-Anzeiger: «Es gab auch viele Leute, die die Apartheid unter dem Aspekt der Erziehung gesehen haben und nicht der Rasse.»
Vor diesem Hintergrund ist auch die folgende Aussage im gleichen Jahr gegenüber work zu verstehen: «Wer viel und oft im Ausland arbeitet, weiss, dass man sich als Geschäftsmann in politischen Dingen zurückhalten und auf seine beruflichen Aufgaben konzentrieren muss.» Diese Haltung hat offenbar auch seine jetzige Reise geprägt. Pech nur, dass sich gewisse Dinge eben manchmal doch ändern. Denn nun hätte Merz eigentlich als Politiker und als höchster Repräsentant des Rechtsstaats Schweiz unterwegs sein sollen.
Balthasar Glättli