In Kürze

  • Die Schweiz als sicherer Hafen für reiche Geschäftsleute, die ihr Vermögen oft dank enger Verbindungen zu autokratischen Regimes gemacht haben? Leider ja, denn: Aufenthaltsbewilligungen lassen sich hierzulande kaufen – «Goldene Visa» sozusagen. Damit soll jetzt endlich Schluss sein: Das fordere ich zusammen mit Corina Gredig (glp)  und Céline Widmer (SP) in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats.
  • Ein konkretes Beispiel: Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» gehört Andrei Melnitschenko mit einem Vermögen von 15.8 Milliarden US$ zu den 300 reichsten, in der Schweiz lebenden Personen. Mit seiner Familie residiert er in St. Moritz. Sein Vermögen hat er in der Düngemittelindustrie und in der Kohleförderung gemacht. Die EU setzte ihn aufgrund seiner engen Beziehungen zum Putin-Regime auf die Sanktionsliste– noch am Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte er mit anderen einflussreichen Geschäftsleuten mit Wladimir Putin getroffen.

Der Weg zu Schweizer Aufenthaltsbewilligungen für Nicht-EU-Bürger*innen ist meist lang und steinig. Ausser man ist reich, sehr reich. Wie zum Beispiel Andrei Melnitschenko: Der Milliardär will im mondänen St. Moritz Wohnsitz nehmen und wendet sich an den Kanton Graubünden, um ein Pauschalbesteuerungsabkommen abzuschliessen. Für den Kanton locken Steuereinnahmen: Deshalb macht er beim Bund «fiskalische Interessen» nach Art. 32 Abs. 1 Bst. c der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) geltend – und der Milliardär erhält eine Aufenthaltsbewilligung aus «wichtigen öffentlichen Interessen» gemäss Art.30 Abs.1 des Ausländer*innen- und Integrationsgesetzes. So geht die Käuflichkeit von Aufenthaltsbewilligungen «à la suisse».

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700 «Goldene Visa» seit 2008

Andrei Melnitschenko ist eine von rund 700 Personen, die seit 2008 ein derartiges «Goldenes Visum» erhalten haben – derzeit leben in der Schweiz fast 400 Superreiche mit gekaufter Aufenthaltsbewilligung, darunter mehr als 80 reiche Russ*innen. Am meisten «Goldene Visa» vergaben bislang die Kantone Genf, Tessin, Waadt und Zug.

Die Praxis der gekauften Aufenthaltsbewilligungen ist nicht nur schreiend ungerecht – die «Goldenen Visa» tragen auch massgeblich bei zum Ruf der Schweiz bei, ein sicherer Hafen für schmutziges Geld zu sein. So steht Andri Melnitschenko inzwischen auf der Sanktionsliste der EU (und der Schweiz) – er hatte sich gemeinsam mit 36 weiteren Geschäftsmännern noch am 24. Februar, dem Tag des Angriffs von Russland auf die Ukraine, mit Wladimir Putin und anderen Regierungsvertretern getroffen.

Die EU handelt

Die Schweiz ist zwar nicht allein mit ihrer Politik der «Goldenen Visa»: In verschiedenen EU-Ländern liessen und lassen sich Pässe und Aufenthaltsbewilligungen kaufen. Insbesondere Malta, Zypern, Portugal und (bis 2015) Grossbritannien machten davon reden. Aber die EU handelt immerhin: Die Vergabe «Goldener Pässe» soll 2025 auslaufen, und das EU-Parlament fordert nun auch eine strenge Reglementierung «Goldener Visa».

Will die Schweiz nicht einmal mehr unter Druck geraten, weil sie möglichst lange an unsauberen Profiten festhält, muss auch sie handeln – und zwar sofort: Deshalb habe ich zusammen mit Corina Gredig und Céline Widmer in der Staatspolitischen Kommission den Antrag auf Einreichung eines Kommissionsvorstosses eingebracht, um den Passus über die «kantonalen fiskalischen Interessen» in der der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) ersatzlos zu streichen – und der Vergabe «Goldener Visa» damit einen Riegel zu schieben. Die Kommission wird darüber Ende April 2022 entscheiden. 

Teil der grünen Agenda für eine Schweiz ohne Fluchtgelder 

Die «Goldenen Visa» sind ein Problem – und gleichzeitig Teil eines grösseren Problems: Mit «Dumpingsteuern und maximaler Intransparenz» zieht die Schweiz seit langem krumme Geschäfte und schmutzige Gelder an, Gelder, die nur in Komplizenschaft mit autoritären und kleptokratischen Regimes angehäuft werden können. So braucht es dringend eine Aufsicht über den Rohstoffhandel, ein Register über die tatsächlichen Eigentümer*innen von Firmen und die Unterstellung von Anwält*innen und Treuhänder*innen unter das Geldwäschereigesetz. Wir GRÜNEN arbeiten mit einer Reihe von Vorstössen im Parlament daran – und für eine Schweiz, die nicht länger ein sicherer Hafen für schmutziges Geld ist.