Die Entscheidung war sicher nicht einfach. Aber am Schluss fiel sie am Dienstag in der grünen Fraktion ohne Gegenantrag. Wir GRÜNE treten nicht an zur Bundesrats-Ersatzwahl für Ueli Maurer. Wir verschwenden keine Zeit und Kraft auf ein abgekartetes Spiel. Das Machtkartell der bürgerlichen Parteien, mit expliziter Unterstützung diesmal auch der glp, bildet mehr denn je eine einheitliche Front. Sie will der SVP ihren zweiten Sitz ohne Diskussion weiter gewähren.

Besonders abenteuerlich argumentiert die glp. Noch 2019 hatte Fraktionspräsidentin Tiana Moser zwar den Sitzanspruch der Grünen als verständlich bezeichnet, aber dann Regula Rytz inhaltlich kritisiert – als dezidierte Linksaussenpolitikerin. Ignazio Cassis wurde dagegen von der Aussenpolitikerin Moser gelobt für seine «liberale und europafreundliche Grundhaltung». Unangebrachte inhaltliche Kritik gegenüber der kompetenten und respektierten ehemaligen Exekutivpolitikerin Rytz reichte der glp also als Grund, keine Unterstützung zu empfehlen – obwohl die glp den arithmetischen Anspruch der Grünen nicht bestritt.

«Wir machen nicht mit bei einem abgekarteten Spiel – wir Grüne sind bereit, echte Verantwortung zu tragen.»
Balthasar Glättli, Präsident GRÜNE Schweiz

2022 dagegen gibt es für die glp laut ihrem Präsidenten offenbar keine inhaltlichen Gründe, den arithmetischen Anspruch der SVP auf zwei Sitze infrage zu stellen. Und dies, obwohl ihre KandidatInnen nicht für das Pariser Klimaabkommen stimmten. Obwohl sie die Energiestrategie 2050 und das CO2-Gesetz bekämpften. Obwohl die SVP den Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative mit einem Referendum bodigen will und so auch den Ersatz von Elektrowiderstandsheizungen ausbremst, obwohl diese gerade im Winter über 2 TWh Strom vergeuden – genau so viel Strom, wie in der berühmten «Winterstromlücke» fehlt. Obwohl sie die Europapolitik torpediert. Obwohl ihre Exponenten, die in der Schweiz noch eine veritable Corona-Diktatur ausgerufen haben, nun dem Angriffskrieger und Menschenrechtsverächter Putin das Wort reden.

Bundesratswahlen sind keine Volkswahlen. Wären sie das, so bin ich überzeugt: die GRÜNEN wären schon längst vertreten – und es hätte nie einen Bundesrat Blocher gegeben. Wahlgremium für den Bundesrat ist aber die vereinigte Bundesversammlung. Was bei Volkswahlen fast immer richtig ist – bei jeder Gelegenheit an der Türe zu rütteln, bis sie aufgeht –, ist in diesem Setting nicht immer das Richtige.

Volkswahlen sind nie abgekartet. Diese Wahl hier, die Ersatzwahl von Ueli Maurer, sie ist es leider. Darum setzen wir GRÜNEN die Segel für eine Klimawahl 2023, weil wir wissen: Wenn es etwas gibt, das in diesem Land demokratische Legitimität verleihen kann, das die Karten neu mischt, dann sind das die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.

Balthasar Glättli, Präsident GRÜNE