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Manchmal geht’s unendlich langsam in der Politik. Und manchmal überraschend schnell. So schnell, dass man die tektonische Verschiebung gar nicht wirklich wahrnimmt.

Der jahrelange Kampf der Grünen gegen einen unsauberen Rohstoffhandelsplatz könnte Früchte tragen. Noch am 16. März lehnte der Nationalrat ein harmloses Postulat der Grünen Nationalrätin Manuela Weichelt ab. Es hätte einen Bericht über die ausländischen Beteiligungen in der Schweiz gefordert. Das Ziel: Herausfinden zu können, wer ein Unternehmen tatsächlich beherrscht. Was einfach tönt, ist in der Wirklichkeit der Steuerflucht der Superreichen, der Konzerne und Oligarchen ja ganz bewusst kompliziert. Wirtschaftliche Beteiligungen werden hinter kompliziert verschachtelten Konstrukten versteckt.

Gibt’s bald mehr Licht in den Rohstoffhandelsplatz Schweiz? Eine positive Überraschung scheint möglich.
Balthasar Glättli, Präsident GRÜNE Schweiz

Darum braucht es auch ein solches Register der tatsächlich wirtschaftlichen Berechtigten. Es ist die Voraussetzung dafür, dass Sanktionen – zum Beispiel gegen russische Oligarchen im Dunstkreis von Putin – überhaupt greifen können.

Die Ablehnung des Nationalrats im März war dennoch überdeutlich. Nur Grüne, SP und zwei der drei EVP-Vertreter stimmten zu. Ein paar Wochen später ist nun alles anders. Ein viel  verbindlicherer Vorstoss Weichelts, der konkret die Einführung eines Registers fordert, wurde am 11. Mai 2022 eingereicht. MitunterzeichnerInnen sind diesmal nicht nur rot-grüne KollegInnen. Auch der GLP-Finanzpolitiker Roland Fischer und Mitte-Präsident Gerhard Pfister signalisieren mit ihrer Unterschrift Unterstützung. Und die steht in ihrem Falle hoffentlich nicht nur für sie persönlich, sondern auch für ihre Fraktionen. Parallel dazu verlangen wir Grünen den raschen Beitritt zur multinationalen Taskforce REPO (REPO steht für ‘Russian Elites, Proxies, and Oligarchs’), um endlich rasch die beschlossenen Wirtschaftssanktionen aktiv umzusetzen – ohne Lücken. Die uralte grüne Forderung nach Transparenz für den Finanz- und Rohstoffhandelsplatz Schweiz könnte also tatsächlich wegen des Ukraine-Kriegs neuen Aufwind erhalten. Und das ist dringend nötig. Denn noch immer ist die Schweiz hinter den USA der undurchsichtigste Finanzplatz der Welt. Allen Reformen der letzten Jahre zum Trotz. Das zeigt der am Dienstag veröffentlichte Schattenfinanzindex des internationalen Tax Justice Network.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, auch was die Oligarchengelder betrifft. In der Schweiz sind gerade einmal 6,2 Milliarden aktuell gesperrt. Eine Milliarde wurde bereits wieder freigegeben seit April 2022. Kaum vorstellbar, dass der Rest der russischen Vermögen, gemäss Bankiervereinigung 150 bis 200 Milliarden, einfach aufs Konto russischer Kleinanleger geht…

Balthasar Glättli

(Dieser Text erschien als GRÜNE GEDANKEN ZUR WOCHE in der linken Wochenzeitung P.S. am 20.5.2022)